Angetreten für mehr Mitbestimmung in einer weltoffenen Kirche

Mehr als 23 Jahre war Mathias Welle (66) als Pastoralreferent für das Dekanat Braunschweig zuständig. Am 26. April wird er bei einer Vesper in den Ruhestand verabschiedet.

Er leitete Kurse für Begräbnis- und Wortgottesdienstleiter, schulte und begleitete die Kirchengremien, bereite Wahlen vor und organisierte Visitationen. Als Geschäftsführer hat der Theologe den Dies fürs Dekanat Braunschweig, das Treffen der Hauptamtlichen, und den Dekanatspastoralrat organisiert, engagierte sich in der Ökumene, arbeitete einige Jahre als Religionslehrer an der IGS Wilhelm Bracke und IGS Franzsches Feld und schrieb regelmäßig das Wort zum Sonntag in der Braunschweiger Zeitung. Mathias Welle erlebte in dieser Zeit Veränderungen in der katholischen Kirche hautnah mit, Veränderungen, für die er 1977 sein Studium der Diplom-Theologie begann. Nun geht der Pastoralreferent in den Ruhestand.

„Mein Wunsch war, die Veränderungsprozesse in der Kirche nach der Würzburger Synode mitzugestalten hin zu mehr Mitbestimmung in einer weltoffenen Kirche“, beschreibt Welle, der bereits 1985 seinen Dienst im Bistum Hildesheim begann. Groß geworden in der katholischen Jugend in Lüneburg, wollte er ursprünglich Physikalische Chemie studieren, hat sich dann nach seinem Abitur 1977 jedoch für das Fach Theologie in Münster entschieden, ein Auslandsjahr führte ihn nach Innsbruck. In dieser bewegten Zeit ginge es in der Katholischen Kirche um die Umsetzung des 2. Vatikanischen Konzils. „Das fing auch gut an, es gab aber immer wieder Rückschläge“, so Welle.

„Wir müssen Kirche völlig anders denken und aufstellen“, meint er, denn klassische katholische Milieus gebe es hierzulande schon lange nicht mehr. „Den Automatismus, weil ich katholisch bin, gehe ich in die katholische Jugend und werde Messdiener, ist so nicht mehr“, findet Welle. „Heute geht es eher darum, dass sich Menschen bewusst entscheiden in der Kirche mitzutun, Gottesdienste zu besuchen, sich in Gruppen zu treffen und zu engagieren.“

„Was sich zumindest in Deutschland nicht mehr zurückdrehen lässt, ist, dass die Nichtgeweihten gemerkt haben, wir können etwas und wir machen etwas.“ Ob in der Krankenhausseelsorge, bei der Gestaltung von Gottesdiensten oder in der Gremienarbeit, Ehrenamtliche oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Weihe seien nicht mehr wegzudenken. So war es ihm bei seiner Arbeit ein Anliegen, Laien mit Engagement in den liturgischen Diensten zu schulen. „Und diese Dienste haben sich etabliert“, freut er sich und führt als Beispiel Begräbnisleiterinnen und -leiter an, die anstelle eines Priesters oder Diakons Beerdigungen leiten dürfen.

„Mir ist ganz wichtig, dass Kirche Kontakt mit anderen Institutionen sucht“, betont der Theologe. Nicht ohne Stolz blickt Welle besonders auf zwei Projekte zurück, die er in der Löwenstadt mitgestaltet hat: Zum einen als der damalige Bischof Norbert Trelle im Rahmen des Bistumsjubiläums das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt besucht hat und die „Woche der Wahrheit“. Hier wurde die Wahrheit auf dem Fußballplatz, am Krankenbett oder im Gerichtssaal beleuchtet

Am Freitag, 26. April, um 17 Uhr wird Mathias Welle im Rahmen eines Vespergottesdienstes in St. Aegidien (Ägidienmarkt 12a) in den Ruhestand verabschiedet. Im Anschluss lädt die Gemeinde zu einem Empfang ins Leisewitzhaus ein.

 

Sabine Moser